Die folgenden Fotos zeigen Aquarelle von Sibylle Buderath mit meinen Gedichten. Irgendwann habe ich dieses kleine Heft zusammengestellt und jetzt wiedergefunden. Die Aquarelle zeigen in Wirklichkeit zartere feinere Farben. Trotzdem glaube ich , dass der Charme sich mitteilt.
1997 erschien unser gemeinsames Rosenbuch. Es wurde großartig im Schloss Salem getauft. Leider ist es inzwischen vergriffen, im Onlinehandel oder antiquarisch aber noch manchmal erhältlich. Ich habe ja schon erzählt, wie wir, Sibylle und ich, auf der Insel Mainau Inspirationen und herrliche Anschauungsschönheiten suchten und fanden, in allen Stadien ihres Blumenlebens.
Auf Seite 20 steht im Rosenbuch ein Gedicht, das heute eine besondere Bedeutung gewinnt. Es basiert auf wirklichen Gesprächen mit einer Kollegin und einem Kollegen des Gymnasiums Sandhausen, mit denen ich befreundet war.
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Frieden
Als vor Jahren ein guter Freund den Garten neu anlegte und mich fragte, welche Blume er denn solle pflanzen, und schwer mir war die Wahl, da fiel mir ein, dass einmal eine Frau erzählte, wie sie des Nachts bei klarem Himmel unzählige Sterne sah auf einem Hügel liegend und unter ihr die Stadt der Städte, die in sich birgt und trägt und hält die Heiligtümer unserer Welt, da wusst ich: Eine Rose.
Sie heißt Shalom, ist rot und schön, und hat den Namen, der uns Menschen fehlt.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Rosen am Weg
Rose SHALOM ( Poulsen 1972)
Auch Zuneigung drückt die Rose aus:
Botschaft
Die Rose offenbart, was ich dir sagen will. Was ich mit Worten hilflos such, spricht sie vollendet aus und still.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Rosen am Weg
Überhaupt bewirken die Rosen Gefühle:
Rosen bauen Brücken, trocknen Tränen, bitten um Verzeihung,
sie lächeln und lachen
für dich.
Natürlich können sie auch überraschen, schmeicheln, erweichen, verführen, bezaubern, rühren…
Wie Erdenstoff vergeht. Wie Blätter, gestern rot, sich heute dunkel färben. Wie weh das tut. Das Zusehn und das Welken und das Sterben.
Aus Eisen wird Rost. Das Aus steht ein. Aus Ja wird Nein. Kein Trost.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Blumen am Weg Verlag Stadler, Konstanz
Aquarell von Sibylle Buderath
Vom Vergehen
Alles zerfällt. Ins Grab geht alles Leben hinab.
Ein Fels wird zu Stein, ein Stein zu Sand, gefallen, geworfen, gespült bis zum Strand als kleines letztes Korn allein. Gestalt und Größe und Zusammenhalt verlorn. Die Zeit hat Gewalt.
Ein Blatt wird Laub, warm wird kalt, ein Du, ein Ich wird Staub.
Sie war aus Marmor und war fein und zart und hielt die Hand aus, und da stieß er nieder, aus Rot und Gold ein stiebendes Gefieder und saß vollendet wie ein freier fester Traum.
So war es immer wieder. Er flog die Kreise am Tag im wilden Raum nach Falkenvogelweise und kam in selber Art auf ihre Hand zurück und schüttelte den Regen aus den Federn, den Staub, das Laub, den Abendtau.
Man sagt, des Nachts, ich weiß es nicht genau, wurd aus dem Falk ein Mann und aus dem stolzen Marmorbilde schälte sich die warme Frau. Ihr Name oder seiner war Glück.
Mehr weiß ich nicht, es ist schon lange her. Ich weiß gewiss nicht mehr.
Sonnengoldene Narzissen,
wie sie es wissen,
wann die rechte Zeit ist,
denn alles im Leben hat seine Zeit,
sagt der Prediger Salomo,
und jede Narzisse weiß es auch.
Und ich
muss es
Tag für Tag
lernen.
Gisela Munz-Schmidt
Violett
Ich mische kühles Blau
und warmes Rot,
und es entsteht auf der Palette
das Violette.
Die Farbe früher Veilchen,
des ersten Frühlings Lieder.
Die lila Aster spät im Jahr.
Und auch, wie wunderbar,
der Duft von frischem Flieder.
Gisela Munz-Schmidt
Das Veilchen
Warum lieb ich dich so?
Das Kleine?
Das Feine?
Das Reine?
Das Meine?
Weil ich mich bücken muss,
um das Entzücken zu erleben.
Weil ich den Duft liebe und die vielen Gedichte,
die sich mit dem Veilchen befassen.
Doch pflücken soll ich es nicht.
Ich will es für andere stehen lassen.
Gisela Munz-Schmidt
Aquarell von Sibylle Buderath
Osterglocken
…wiegen sich im Wind in der Wiese und im Park wild und kultiviert…
Gisela Munz-Schmidt
Wie bekannt ist, heißen Osterglocken Narzissen, nach Narziss, einem griechischen Adonis. Ein Beau.
Narziss
An eines Sees oder Flusses Gestaden zog er sich aus. Er wollte baden. Im Wasser sah er sein Spiegelbild verheißungsvoll lächeln, betörend mild, hinreißend wild, mit gleichem maßlosen Begehren. „Du bist so schön, ich liebe dich.“ Er wollte sich nicht wehren. Und da versank er in sich. Er ertrank.
Gisela Munz-Schmidt
Am Ufer erblühten dann die ersten Narzissen.
Den Frühling finden
Die Sonne, die Wärme, die Osterglocken wollen ins Freie und Weite dich locken. In Gärten, zwischen Polstern und Blütenkissen, wiegen sich die Prachtnarzissen. Oder sieh doch! Diese stehen heiter in der Wiese mit leuchtendem Gelb und frischem Grün, schau nur, wie sie üppig blühen!
Schnür deine Schuh und mach dich bereit: Jetzt kommt die unbeschwerte Zeit!
Gisela Munz-Schmidt
Aquarell von Sibylle Buderath
Gänseblümchen
Erinnere dich:
Die Welt war weiß voll Schnee.
Aber alles weggeschmolzen,
fortgeweht und hingetaut,
und nun sehen wir,
entzückend und vertraut,
diese süßen kleinen Gänseblümchen
auf der grünen Wiese.
Gisela Munz-Schmidt
Purpurne Blüten in unserem Garten:
Das ist Naturlyrik pur!
Ich weiß, es ist zu früh für Rosen, jahreszeitlich.
Aber es ist nie zu früh oder zu spät, die Fülle zu fühlen oder durch neue Pforten zu gehen. Überall und irgendwo stehen Türen offen.
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Ausweg
Kalter Regen
schnitt in alte Spinnweben
und bleiern bleckte
der Asphalt.
Da lief ich
und holte mir
einen Arm voll
Rosen.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Kleine Gedichte Große Gefühle
Liebe
Geh doch zu den Rosen,
wenn du wissen willst,
was Liebe ist.
Sich öffnen.
Sich verströmen.
Sein Äußerstes
und Innerstes geben.
Trotz Regen und Sturm und Wind
für die Sonne leben.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Kleine Gedichte Große Gefühle
Heute, an Mariä Lichtmess, will ich mich Maria widmen. Ich beschäftige mich zur Zeit unter anderem mit der Mondsichelmadonna oder auch Strahlenkranzmadonna, denn ich lebe im Bodenseeraum in einer kulturkatholisch geprägten Gegend mit zahlreichen Kunstschätzen, welche die Mutter von Jesus darstellen. In unserem Winter-und Weihnachtsbuch ( mit Aquarellen von Sibylle Buderath im Verlag Stadler Konstanz) steht mein Gedicht in etwas geänderter Fassung:
Maria
Wer bist du? Niemand weiß es genau.
Mutter. Göttin. Frau.
Du hast dein Kind auf die Welt gebracht
unter Schmerzen wie wir. Licht in die Nacht.
Wir sehen dich wieder übergroß,
Pietà, den gekreuzigten Sohn auf dem Schoß.
In Mandorla und Rosenkranz
wirst du verehrt im Kerzenglanz.
Deine Farben sind uns von jeher vertraut.
Vergangen bist du und ewig. Glatt bleibt deine Haut.
Du hast gelebt, geliebt, gelitten, gebüßt.
Maria. Sei mir gegrüßt.
Gisela Munz-Schmidt
Rosenkranzaltar in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Owingen:
Foto aus: Hermann Keller Norbert Zysk , Pfarrei Owingen und Billafingen, 2001
Als Mondsichel- oder Strahlenkranzmadonna wird in der christlichen Ikonographie ein Marienbildnis bezeichnet, das durch die Beschreibung der apokalyptischen Frau in der Offenbarung des Johannes geprägt ist. Die Mutter Gottes steht auf einer Mondsichel, die manchmal auch von einer Schlange umwunden ist, hält meistens das Jesuskind auf dem linken Arm und in der Rechten oft ein Zepter.
Offenbarung 12: ( Übersetzung Martin Luther)
„Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.“
Fresko von Gottlob Gutekunst, 1846 mit freundlicher Genehmigung von Wilderich Graf Bodman
Die treue Amme auf Bodman
Zu Bodman im großen Rittersaal
saßen Herren beim Rittermahl
anno 1307,
so hat es der Chronist geschrieben.
Zwar war der Hausherr gerade auf Reisen,
doch auch ohne ihn ließ es sich trefflich speisen.
Sie aßen und zechten und lachten,
nichts Böses sie ahnten, sie machten
Pläne, redeten, tranken
und breiteten aus so manchen Gedanken
und erzählten vielleicht auch so manchen Witz.
Da plötzlich! Aus düsterem Himmel ein Blitz!
Und dann ein grollender Donnerschlag,
die Nacht grell erleuchtet wie heller Tag.
Es saßen todgeweiht die Ritter
mitten in diesem Feuergewitter.
Und ach! Eine riesige lodernde Flamme!
Das sah tief erschrocken die treue Amme.
Ihr Herz, das zuckte: „Das Kind! Der Erbe!
Was kann ich tun, dass er nicht sterbe!“
Versperrt durchs Feuer waren Stiegen und Gänge,
doch unten standen die Leut im Gedränge
und sahen entsetzt und fassungslos
das lichterloh brennende Ritterschloss.
Da nahm die Amme ganz geschwind
das geliebte Kind
und packte es in Kissen ein,
legte es in einen Kessel hinein,
verschloss denselben, einen Spalt ließ sie offen
und rief hinunter, mit Bangen und Hoffen:
“Hebt auf das Kind! Nehmt in Gotts Namen an es,
es ist der Erbe, der kleine Johannes!“
Im Gestrüpp blieb er hängen, im Kessel gebettet,
die Leute fanden ihn, das Kind war gerettet.
Der Burgherr selbst, als er kehrte zurück,
fand Unglück vor, doch fand er auch Glück,
seine Burg zwar verbrannt, doch sein Kind am Leben.
Was kann es größere Freude geben?
Alle von Bodman, die nach ihm kamen,
tragen bis heute Johannes im Namen.
So ist es geschehen, vor langer Zeit.
Die treue Amme hieß Adelheid.
Gisela Munz-Schmidt
Nach: Theodor Lachmann, Sagen und Bräuche am Überlinger See
Wo die Burg gestanden, ließ der Burgherr Hans von Bodman eine Kapelle bauen zu Ehren „Unserer lieben Frauen“, weshalb der Berg von jetzt an Frauenberg genannt wurde.
Siehe auch die ausführliche BROSCHÜRE Der Frauenberg
1997 Denkmalstiftung Baden- Württemberg
Sagen vom Bodensee
Das Nebelmännle von Bodman
Das Nebelmännle von Bodman
Das Trübe, Vage, Falbe, Nasse,
das Ungewisse und das Blasse,
feuchtes Wabern, hell und bleich,
das ist des Nebelmännleins Reich.
Blicklos, sichtlos, weiß wie Milch,
im Nebel herrscht der kleine Knilch.
In seinen fahlen grauen Schwaden
bewirkt das Männlein manchen Schaden,
sein Nebelstreif
erschafft den Reif
an ersten zarten Rebenblüten,
und auch die Fischer sollten sich hüten,
dass der Nebel sie nicht gänzlich verwirre
und sie führe in die Irre
und das Männlein sie in die Tiefe zieht,
wie das so manches Mal geschieht.
Doch einem Herrn von Bodman verhalf es zum Glück.
Blicken wir in das Vergangene zurück:
Der Ritter, bevor er verließ sein Haus,
tauschte liebend zwei goldene Ringe aus,
wenn nach sieben Jahren er nicht wiederkäme,
seine Liebste einen anderen zum Manne nähme.
Er ritt in die Ferne, sah Länder weit,
sah Berge und Meere, so verging die Zeit.
Da lockte ihn auf einen Hügel ein Licht.
Ein kleines Männlein zu ihm spricht.
Es wollte ihm ein Versprechen entlocken.
Ihn störten so sehr die Nebelglocken!
Wenn der Ritter das Läuten unterbinde,
er seine Braut gleich wiederfinde.
Schneller als Wind und alle Pfeile,
wie des Menschen Gedanken so schnell er eile
nach Bodman. Als dann die Braut ihrem Glas einen Ring entnahm,
erkannte sie ihren Bräutigam.
So drang der Liebe Sonnenschein
in den dichten Nebel ein.
Und versprochen! Wahrhaftig bis heute
schweigt der Nebelglocken Geläute.
Gisela Munz-Schmidt
Nach: Theodor Lachmann, Sagen und Bräuche am Überlinger See