
Rose und Käfer. Erwartet und gefunden. Ein Liebesgedicht. Foto und Haiku: Gisela Munz-Schmidt
Lyrik vom Bodensee
Rose und Käfer. Erwartet und gefunden. Ein Liebesgedicht. Foto und Haiku: Gisela Munz-Schmidt
Frühling am See Der Frühling kam fast über Nacht, vertraut, ersehnt, und schaut und lehnt am Wiesenrand, am Gartentor, und alles steht in vollem Flor und blüht in heller Pracht. Die Welt kommt mir verändert vor, verwandelt See und Land. Der Frühling ist ein Zauberer. Er herrscht mit leichter Hand. Gisela Munz-Schmidt Aus dem Lyrikbildband Wege zum See
Frühlingsblumen blühen Die Tage werden wärmer. Aus Tieren und aus Menschen werden Schwärmer. Himmelsschlüssel auf den Wiesen, Tuffs und Horste roter Tulpen, die in allen Gärten sprießen, bunte Primeln, Osterglocken, wie ins Weite, Freie sie Dich locken, an geheim gehaltenen Stellen blühen weiche Küchenschellen, Mauern blauer Blütenkissen, Beete gelber Prachtnarzissen, Veilchen heben´ s Köpfchen aus den Grasverstecken, und wie selbst die kleinsten Gänseblümchen sich dem Licht zustrecken, wie sie glühen und wie sie sich recken - Die Tage werden länger. Aus Tieren und aus Menschen werden Sänger. Gisela Munz-Schmidt Aus dem Lyrikbildband Blumen am Weg, Verlag Stadler Konstanz
„Wenn du mit einem Fuß auf sieben Gänseblümchen treten kannst, dann ist Frühling.“ Deutsches Sprichwort “When you can tread on nine daisies at once, spring has come.“ English Proverb
Gänseblümchen Erinnere dich: Die Welt war voller Schnee. Aber alles weggeschmolzen, fortgeweht und aufgetaut und nun sehen wir, entzückend und vertraut, diese süßen kleinen Augensternchen auf der grünen Wiese. Gisela Munz-Schmidt
Willst du dich am Ganzen erquicken,
so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken.
Johann Wolfgang von GoetheMan sollte alle Tage ein kleines Lied hören,
ein gutes Gedicht lesen,
ein treffliches Gemälde sehen und,
wenn es möglich zu machen wäre,
einige vernünftige Worte sprechen.
Johann Wolfgang von GoetheMacht die Liebe, die Kunst jegliches Kleine doch groß.
Johann Wolfgang von Goethe
Die Birne So ein sanftes Gelb. Im Frühling flog ein Falter, ließ seine Farbe als Erinnerung. So ein sanftes Gelb. Im Sommer schien die Sonne, ließ ihre Farbe als Erinnerung. So ein saftig-sanftes Gelb. Im Spätjahr ist die Frucht nun reif und zart. Und Falter und Sonne sind wieder Gegenwart. Gisela Munz-Schmidt Aus dem Lyrikbildband Bäume am Weg, Verlag Stadler, Konstanz
Herbstgedanken Mit den Schwalben südwärts ziehen? Mit den Blättern treiben? Volle Körbe roter Äpfel stehn im Garten, blaue Trauben warten, goldene Sonne spendet lächelnd ihren Schein. Mit den Schwalben südwärts ziehen? Mit den Blättern treiben? Pflücken. Ernten. Zufrieden sein. Süße genießen und bleiben. Gisela Munz-Schmidt
Ein Herbsttag Am kühlen Morgen über feuchten Wiesen weiße Nebelstreifen. Doch mittags leuchten Dahlien, Astern, Sonnenblumen, und an den Bäumen siehst du, wie die Früchte reifen. Gisela Munz- Schmidt
Der Apfelbaum Wie aus dem zarten rosenfarbenen Hauch die feste rote Frucht wird, die man greifen kann, wie aus dem einen kleinen Kern der große runde Baum wird, den man messen kann, wie aus dem schwachen grünen Zweig der starke dunkle Ast wird, den man fassen kann, das sehe ich als unbegreiflich, unermesslich, als unfassbar an. Gisela Munz-Schmidt Aus dem Lyrikbildband Bäume am Weg, Verlag Stadler, Konstanz
Kreislauf
Blüte, Frucht,
Anfang und Ende,
Wachstum, Reifung,
Wandel, Wende,
das Vergehende,
das Entstehende –
ja, ich lerne und ich weiß:
wie die Rosen leben wir im Kreis.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Rosen am Weg
Zauber
Eine Zauberin ist sie,
die Rose,
wie die Harmonie,
wie die Poesie,
wie die rote Magie –
weil sie um den Kreis
weiß.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Rosen am Weg
Mitglied einer Kette
Ein Fädchen im Netz
Anteil am Ganzen
Menschen, Tiere, Pilze, Pflanzen.
Gisela Munz-Schmidt
Verbundenheit
Nein, ich bin nicht allein.
Bei mir ist dieses andere Sein,
in dem ich mit erblasse, mit erglühe.
Ich lebe, und ich lass mich ein.
Mir ist, als ob ich manchmal welke,
doch immer wieder auch, als ob ich neu erblühe.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Rosen am Weg
Rosen am Weg
Das Zarte wahrnehmen,
es zärtlich berühren.
Die Fülle fühlen
und damit weitergehen.
Die Rosen, die am Wege stehen,
sind Pforten und offene Türen.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Rosen am Weg
Mainau Bäume, mächtig, alt und stark, Blumen, prächtig im weiten Park, Beete von Blüten, von blauen und roten, Exoten wie Boten, barocke Räume, Tulpen, Dahlien, Rosenträume, Brunnen, die sich am Wege ergießen, bunte Pflanzen an Hängen, in Wiesen, Gewächse, welche gedeihen und sprießen, Farben, die ineinanderfließen: Kommen. Bleiben. Genießen. Gisela Munz- Schmidt Aus: Wege zum See
The Island of Mainau An island that holds very special treasures, full of blooms and of butterflies, full of wonders and pleasures. The tulips in spring, in summer the roses, beautiful dahlias late in fall. The charms of nature this island exposes. Full of trees and fine flowers, and I do love them all. Gisela Munz-Schmidt From: My Way along Lake Constance
An die Insel Mainau habe ich viele persönliche Erinnerungen – an Besuche allein, mit Familie oder mit Freundinnen und Freunden.
In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder ein, wie sich Sibylle Buderath und ich auf unser Buch „Rosen am Weg“ vorbereiteten. Sibylle wollte ihre Rosenaquarelle „en plein air“ malen, wurde aber immer wieder von neugierigen Menschen gestört, die ihr über die Schulter blicken wollten. So zogen wir zu zweit los, sie verschwand hinter die Rosenbüsche mit ihrer Staffelei, fand Motive zum Malen, und ich stand vorne als Wächterin am Weg und ließ mich durch Beobachtungen und Einsaugen der rosealen Atmosphäre inspirieren, konnte so die Leute ablenken, und wenn Sibylle fertig war, gingen wir zusammen ins Café und schauten und besprachen, welche Bilder und welche Texte zusammenpassen könnten.
Hier drei Beispiele aus unserem Lyrikbildband ROSEN AM WEG:
Auf der Insel Mainau wird nicht nur der Schönheit und Vielfalt der Pflanzen gehuldigt, sondern durch naturnahe Areale und informative Anlagen wird auch das ökologische Bewusstsein geschärft.
Besonders der Insektenschutz verdient Beachtung! Im Schmetterlingshaus und in Insektenhotels versammeln sich zahlreiche Vertreter der Insektenfamilien.
Für den NABU Überlingen habe ich 2018 eine Art Pamphlet verfasst,
nachdem ich auf den Hortus Insectorum und das Netzwerk von Markus Gastl aufmerksam gemacht wurde.
Weil die Mainau sich auch dem Insektenschutz verschrieben hat, stelle ich es hier ein, ohne Anspruch auf literarische Qualität!
Die Inhalte der Paarreime sind allerdings unbestritten.
Das Insekt Vor 400 Millionen Jahren, so wurde entdeckt, lebte bereits das erste Insekt. Und jetzt müssen wir leider, ohne Fragen, seinen gewaltigen Rückgang beklagen. Früher klebte es an Fensterscheiben, da brauchen wir es längst nicht mehr abzureiben. Möglicherweise haben wir es unter Asphalt begraben? Oder es hat einfach zu viel Glyphosat, Phosphat, Nitrat geschluckt und das Zeug einfach nicht ausgespuckt? Mit Blümchen und Bienchen ist es auch nicht weit her, Monokulturen sind artenleer. Auch die Gärten mit Schotter, Granit und Kies sind für das Insekt kein Paradies. Selbst der fliegende Luftverkehr macht dem Insekt das Leben schwer. Zwischen Hochhäusern findet sich auch nicht schnell ein angemessenes Insektenhotel. Nicht mal auf dem Balkon den Zwetschgenkuchen will so ein Insekt noch einmal versuchen. Kein Tier tanzt dir, summ summ, brumm brumm, auf deiner Menschennase herum. Die Leute müssen sich nun wohl bequemen, Bestäubung mit Pinseln selbst vorzunehmen. Und die Insektenfresser, fast hätt ich´ s vergessen, müssen nun halt jetzt was anderes fressen. Das Insekt, verachtet und verhasst, hat sich eben nicht angepasst! Ach Gott, was wird meine Liste lang, allmählich wird mir um das Insekt doch bang. Es dämmert mir langsam, und mir wird klar, das Insekt ist in großer Lebensgefahr. Und also zitiere ich Einstein hier: Erst stirbt das Insekt. Dann sterben wir. Gisela Munz-Schmidt
Gelb Zitrone und Limone, Melone und Aprikose, Teerose und Mimose, Sonnenbraut und Sonnenauge. Safran, Seide, Gold und Sand: Gelb ist anders in jedem Land. Gisela Munz-Schmidt Aus: Schöner Fächer Regenbogen Gedichte über Farben
Iris Dreimaldreifachtanz! Eleganz mit Charme und Stil, Frühsommergefühl… Gisela Munz-Schmidt Haiku
Schwertlilien Auf starken Stielen stolz und fest gehalten können sie ihren Schleiertanz entfalten. Mit Anmut, Farbe, Haltung wie aus klassischem Ballette dreh‘n dreimal dreifach sie die Blütenpirouette und steh‘n wie Primaballerinen, welche selbstverständlich den Applaus erwarten: verzauberte, verzaubernde Gestalten in einem alten kultivierten Garten. Gisela Munz-Schmidt Aus: Blumen am Weg
Iris ist in der griechischen Mythologie die Göttin des Regenbogens,
und in allen Regenbogenfarben blühen die Schwertlilien.
Nach Homer war Iris auch eine Botin der Götter –
auch für manche von uns noch nachvollziehbar und glaubwürdig!
A Plant Leaf and root, flower and fruit, colour and shape, nut and grape, stem and bloom, growth and boom, gift and grant you find in a plant. Gisela Munz-Schmidt
If there wasn‘t… If there wasn‘t the green of the meadows and there wasn‘t the growth of the trees, if there wasn‘t the red of the tulips and there wasn‘ the humming of bees, if there wasn‘t the thrill of the lilies and there wasn‘t the veil of the rue, if there wasn‘t the love of the iris and there wasn‘t the bluebells‘ hue, if there wasn‘t the eye of the violet and there wasn‘t the scent of the thyme, if there wasn‘t the charm of the roses there would be to BEAUTY no rhyme. Gisela Munz-Schmidt
ROT Es pulst im Mohn. Es blüht aus einer Rose. Im Feuer glüht es, und es sprüht dir Sonnenfunken vor‘s Gesicht. Rot ist Leidenschaft, Rot ist Liebe, und rot ist das ewige Licht. Gisela Munz-Schmidt Aus: Schöner Fächer Regenbogen Gedichte über Farben
Islandmohn Gelb, orange, rot, weiß, schwarzhaarige Stiele, Tanz, beschwingt, im Licht. Gisela Munz-Schmidt Haiku
Hibiskus Der Roseneibisch. Dornlos gleicht er der Rose in zarterem Laub. Gisela Munz-Schmidt Haiku
Blüten Flatter-Blätter sind sie nur: Stempel, Griffel, Beutel, Narbe. Aber sie sind Spur: Fülle, Freude, Form und Farbe . Gisela Munz-Schmidt Aus: Blumen am Weg
Päonie Pfingstrosenschönheit. Was denn macht sie so reizvoll? Ein offenes Herz. Gisela Munz-Schmidt Haiku
Genieße des Frühlings heiteres Spiel. Doch bleibt die Frucht jeder Blüte Ziel. Gisela Munz-Schmidt
Hagebutten Die Frucht der Liebe. Erinnerung an Blüten. Das Ziel eines Jahrs. Gisela Munz-Schmidt Haiku
DAS VIOLETTE
Violett
Ich mische kühles Blau und warmes Rot,
und es entsteht auf der Palette
das Violette.
Die Farben früher Veilchen.
Des ersten Frühlings Lieder.
Die lila Aster spät im Jahr.
Und dann, wie wunderbar:
der Duft von frischem Flieder.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Lieblingsblumen
Eine schöne Familie Es war einmal, da vermählten sich vor irgendeinem Altar Rot und Blau. In irgendeinem Himmelbett wurden sie dann eins, und ihre Kinder heißen Amethyst und Aubergine, Lila, Mauve und Violett. Und da sie alle unsterblich schön sind, leben sie noch heute. Gisela Munz-Schmidt Veilchen Die Handvoll Frühling - vielbesungenes Veilchen aus Blau und aus Rot. Gisela Munz-Schmidt Haiku
Blau
Lapislazulistein.
Saphir und Aquamarin.
Die blaue Blume Vergissnichtmein.
Das weite Meer.
Jeans und Indigo.
Die Grotte und der Reiter.
Die Stunde und die Zeit.
Tiefblaue Nähe
und das Fernblau der Unendlichkeit.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
BLAU Stiefmütterchen Azurblau ist vom Himmel gefallen und hat sich samten auf kleine Gesichter gesetzt- Treuherzig blicken die überraschten Äuglein- Hübsch und vertraulich blinzeln sie dir zu. “Ich heiße Viola. Und du?“ Gisela Munz-Schmidt
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