Wie Erdenstoff vergeht. Wie Blätter, gestern rot, sich heute dunkel färben. Wie weh das tut. Das Zusehn und das Welken und das Sterben.
Aus Eisen wird Rost. Das Aus steht ein. Aus Ja wird Nein. Kein Trost.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Blumen am Weg Verlag Stadler, Konstanz
Vom Vergehen
Alles zerfällt. Ins Grab geht alles Leben hinab.
Ein Fels wird zu Stein, ein Stein zu Sand, gefallen, geworfen, gespült bis zum Strand als kleines letztes Korn allein. Gestalt und Größe und Zusammenhalt verlorn. Die Zeit hat Gewalt. Kein Halt.
Ein Blatt wird zu Laub, Warm wird zu Kalt, ein Du, ein Ich zu Staub.
Eine Rosenblüte
Sie rührt mich und macht mich betroffen:
So zart. So weiß. So offen.
Liebte ich nicht so wie sie?
Glich ich nicht auch einem Kind?
Erinnerung wiegt sich im Wind.
Wehmut vermischt sich mit Hoffen.
Gisela Munz- Schmidt
Weich und Weiß
Ich streichle weißen Sand
wie weiche Haut.
Es streichelt weicher Wind
die weiße Wolke.
Die Wellen streicheln sanft
das Land.
Das Land hält still
wie eine weiche weiße Hand
und wie die Wolke.
Gisela Munz-Schmidt
Weiße Orchidee
Rispen
sich entfaltender Blüten,
so wie jeder Tag
entsteht aus der Nacht...
Gisela Munz-Schmidt
Weiher und Schwan
Am Morgen liegt der Weiher
im Walde wach
und hängt dem Weinen und dem Greinen
der sieben Winde nach.
Es putzen sich die Enten,
Fasane stehn am Teich,
vom Walde schreit ein Käuzchen,
dem Weiher scheint es gleich.
Er wartet auf den Schwan.
Der Schwan ist sein Geselle.
Sein aufgeblähter Flügelrand
ist fein und weich und weiß
wie auch des Weihers Welle.
GISELA Munz-Schmidt
Weiß. Kristall. Eis.
Warum habe ich denn eigentlich keine Kristallkugel ?
Gar nicht neugierig, was die Zukunft so bringen könnte?
Ob Plan A sich verwirklicht, Plan B gebraucht oder Planlosigkeit nötig wird?
Vielleicht habe ich einfach Vertrauen.
Ein Tag lehrt den anderen.
Dies diem docet.
Notfalls habe ich natürlich meine kleine Meditationskugel…
Gelb
Zitrone und Limone,
Melone und Aprikose,
Teerose und Mimose,
Sonnenbraut und Sonnenauge.
Safran, Seide,
Gold und Sand:
Gelb
ist anders
in jedem Land.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
ROT
Es pulst im Mohn.
Es blüht aus einer Rose.
Im Feuer glüht es,
und es sprüht dir
Sonnenfunken vor‘s Gesicht.
Rot ist Leidenschaft,
Rot ist Liebe,
und rot ist das ewige Licht.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
Hibiskus
Der Roseneibisch.
Dornlos gleicht er der Rose
in zarterem Laub.
Gisela Munz-Schmidt
Haiku
Blüten
Flatter-Blätter sind sie nur:
Stempel, Griffel, Beutel, Narbe.
Aber sie sind Spur:
Fülle, Freude, Form und Farbe .
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Blumen am Weg
Päonie
Pfingstrosenschönheit.
Was denn macht sie so reizvoll?
Ein offenes Herz.
Gisela Munz-Schmidt
Haiku
Genieße des Frühlings
heiteres Spiel.
Doch bleibt die Frucht
jeder Blüte Ziel.
Gisela Munz-Schmidt
Hagebutten
Die Frucht der Liebe.
Erinnerung an Blüten.
Das Ziel eines Jahrs.
Gisela Munz-Schmidt
Haiku
Eine schöne Familie
Es war einmal,
da vermählten sich
vor irgendeinem Altar
Rot und Blau.
In irgendeinem Himmelbett
wurden sie dann eins,
und ihre Kinder heißen
Amethyst und Aubergine,
Lila, Mauve und Violett.
Und da sie alle unsterblich schön sind,
leben sie noch heute.
Gisela Munz-Schmidt
Veilchen
Die Handvoll Frühling -
vielbesungenes Veilchen
aus Blau und aus Rot.
Gisela Munz-Schmidt
Haiku
Blau
Blau
Lapislazulistein.
Saphir und Aquamarin.
Die blaue Blume Vergissnichtmein.
Das weite Meer.
Jeans und Indigo.
Die Grotte und der Reiter.
Die Stunde und die Zeit.
Tiefblaue Nähe
und das Fernblau der Unendlichkeit.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
BLAU
Stiefmütterchen
Azurblau ist vom Himmel gefallen
und hat sich samten
auf kleine Gesichter gesetzt-
Treuherzig blicken
die überraschten Äuglein-
Hübsch und vertraulich
blinzeln sie dir zu.
“Ich heiße Viola.
Und du?“
Gisela Munz-Schmidt