
Gedanken beim Betrachten eines Kormorans
Lass deine Tränen trocknen von der Sonne
und deine trüben Gedanken
fortwehen vom Wind.
Und dann breite weit deine Arme aus
als wären sie Flügel
und hebe dich über den Schmerz.
Gisela Munz-Schmidt
Lyrik vom Bodensee
Gedanken beim Betrachten eines Kormorans
Lass deine Tränen trocknen von der Sonne
und deine trüben Gedanken
fortwehen vom Wind.
Und dann breite weit deine Arme aus
als wären sie Flügel
und hebe dich über den Schmerz.
Gisela Munz-Schmidt
Erdenstoff
Wie Erdenstoff vergeht.
Wie Blätter, gestern rot, sich heute dunkel färben.
Wie weh das tut.
Das Zusehn und das Welken und das Sterben.
Aus Eisen wird Rost.
Das Aus steht ein.
Aus Ja wird Nein.
Kein Trost.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Blumen am Weg
Verlag Stadler, Konstanz
Vom Vergehen
Alles zerfällt.
Ins Grab
geht alles Leben
hinab.
Ein Fels wird zu Stein,
ein Stein zu Sand,
gefallen, geworfen, gespült
bis zum Strand
als kleines letztes Korn
allein.
Gestalt und Größe und Zusammenhalt
verlorn.
Die Zeit hat Gewalt.
Ein Blatt wird Laub,
warm wird kalt,
ein Du, ein Ich wird Staub.
Gisela Munz-Schmidt
Ein bitterer Frost,
ein einziger Wintertag zur Unzeit,
und wie grausam wird da alle Hoffnung zerschnitten
im kalten tödlichen Wind.
Gisela Munz-Schmidt
Ja. Es ist wahr.
Wir verlieren die Gegenwart
an die Vergangenheiten.
Aber leuchten
nicht alle Sterne
hell und klar
vom Licht
vergangener Zeiten?
Gisela Munz-Schmidt
Abschied
Wir können es nicht fassen.
Nichts wird wiederkehren.
Wir können uns nicht wehren.
Getrennt und hinterlassen
sind wir und müssen geben.
Doch alles, was war,
bleibt im Gedächtnis.
Wir behalten das Leben
im Tod als Vermächtnis.
Gisela Munz-Schmidt
Mein Baum
Jedes Jahr wächst er,
so unterschiedlich wie die Jahre verlaufen,
so wächst er auch.
Er wird immer weiter wachsen,
sagt der Baumexperte,
mit den Jahren zwar immer weniger,
aber immerhin,
und er wird mich überleben.
Aber jetzt , bis zum meinem Ende,
will ich sein Wachsen
erleben
und begleiten.
Gisela Munz-Schmidt
Das Gedicht ist gedruckt in Bäume am Weg, Verlag Stadler, und die Tafel war in Schloss Maurach mit Aquarellen von Sibylle Buderath ausgestellt. Hier steht sie vor meiner Atlaszeder : das ist mein Baum.
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