Im Wald verborgen an heimlichem Platz
finden die Sucher ihren Schatz,
denn zwischen Moos und Flechtenfilz
wächst so mancher Speisepilz.
Finden macht Freude, gut essen auch,
deshalb ist Sammeln beliebter Brauch.
Es braucht ein wohltrainiertes Auge,
ob so ein Pilz zum Essen tauge,
denn wenn man einen Falschen trifft,
ist dieser innen voller Gift!
Es würd im Magen richtig flau,
genöss man Trichterling Nebelgrau,
und auch der braune Strubbelkopf
soll nicht in einen Suppentopf!
Bringe ja nicht auf den Tisch
den Pilz gleich einem Tintenfisch.
Es wächst auch giftig stolz und bitter
am End der Violette Ritter!
Du solltest auf keinen Fliegenpilz fliegen,
denn du könntest üblen Krämpfen erliegen.
Siehst Stinkmorcheln du und das Hexenei,
geh wie auch beim Satansröhrling schnellstens vorbei!
Sieht einer aber aus wie Stein,
schmeckt er gebraten köstlich fein,
und wenn ich ganz genau hingucke,
seh ich im Klee die Krause Glucke,
zu Hause gesäubert, mit Eischaum garniert,
danach gebacken oder frittiert.
Saftlinge - paniere sie und brate,
seien sie kegelig oder rot wie Granate,
und wie ein Kuhmaul, feucht vom Schlecken,
kannst du den Kuhmaulpilz dir lassen schmecken.
Vom Walde draußen, alles frisch,
landen die Pilze auf unserem Tisch.
Wir finden sie in Forst und Flur,
feine Geschenke der Mutter Natur!
Gisela Munz-Schmidt
Für alle Pilzfreundinnen und Pilzfreunde, besonders aber für Sibylle und unsere Nachbarin Ully, für Christian und Jaron und meine verstorbene Schwester Brigitte, die das “Pilzauge“ hatte!
Schwammerln
Gelbe Pfifferlinge in der Pfanne,
das duftet nach Waldspaziergängen
und nach Kindheit,
als ich noch klein war
und froh,
einen Steinpilz
von einem Pfifferling
unterscheiden zu können
und beide richtig benennen.
„Schwammerln“,
sagte mein Vater,
in der Steiermark geboren,
und meine schwäbische Mutter sagte:
„So, jetzt isch alles in Butter,
und drüber für jeden ein Ei.“
Gisela Munz-Schmidt
Mainau
Bäume, mächtig,
alt und stark,
Blumen, prächtig
im weiten Park,
Beete von Blüten,
von blauen und roten,
Exoten
wie Boten,
barocke Räume,
Tulpen, Dahlien, Rosenträume,
Brunnen, die sich am Wege ergießen,
bunte Pflanzen an Hängen, in Wiesen,
Gewächse, welche gedeihen und sprießen,
Farben, die ineinanderfließen:
Kommen. Bleiben. Genießen.
Gisela Munz- Schmidt
Aus: Wege zum See
The Island of Mainau
An island that holds
very special treasures,
full of blooms and of butterflies,
full of wonders and pleasures.
The tulips in spring,
in summer the roses,
beautiful dahlias late in fall.
The charms of nature this island exposes.
Full of trees and fine flowers,
and I do love them all.
Gisela Munz-Schmidt
From: My Way along Lake Constance
An die Insel Mainau habe ich viele persönliche Erinnerungen – an Besuche allein, mit Familie oder mit Freundinnen und Freunden.
In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder ein, wie sich Sibylle Buderath und ich auf unser Buch „Rosen am Weg“ vorbereiteten. Sibylle wollte ihre Rosenaquarelle „en plein air“ malen, wurde aber immer wieder von neugierigen Menschen gestört, die ihr über die Schulter blicken wollten. So zogen wir zu zweit los, sie verschwand hinter die Rosenbüsche mit ihrer Staffelei, fand Motive zum Malen, und ich stand vorne als Wächterin am Weg und ließ mich durch Beobachtungen und Einsaugen der rosealen Atmosphäre inspirieren, konnte so die Leute ablenken, und wenn Sibylle fertig war, gingen wir zusammen ins Café und schauten und besprachen, welche Bilder und welche Texte zusammenpassen könnten.
Hier drei Beispiele aus unserem Lyrikbildband ROSEN AM WEG:
Auf der Insel Mainau wird nicht nur der Schönheit und Vielfalt der Pflanzen gehuldigt, sondern durch naturnahe Areale und informative Anlagen wird auch das ökologische Bewusstsein geschärft.
Besonders der Insektenschutz verdient Beachtung! Im Schmetterlingshaus und in Insektenhotels versammeln sich zahlreiche Vertreter der Insektenfamilien.
Für den NABU Überlingen habe ich 2018 eine Art Pamphlet verfasst,
nachdem ich auf den Hortus Insectorum und das Netzwerk von Markus Gastl aufmerksam gemacht wurde.
Weil die Mainau sich auch dem Insektenschutz verschrieben hat, stelle ich es hier ein, ohne Anspruch auf literarische Qualität!
Die Inhalte der Paarreime sind allerdings unbestritten.
Das Insekt
Vor 400 Millionen Jahren, so wurde entdeckt,
lebte bereits das erste Insekt.
Und jetzt müssen wir leider, ohne Fragen,
seinen gewaltigen Rückgang beklagen.
Früher klebte es an Fensterscheiben,
da brauchen wir es längst nicht mehr abzureiben.
Möglicherweise haben
wir es unter Asphalt begraben?
Oder es hat einfach zu viel Glyphosat, Phosphat, Nitrat geschluckt
und das Zeug einfach nicht ausgespuckt?
Mit Blümchen und Bienchen ist es auch nicht weit her,
Monokulturen sind artenleer.
Auch die Gärten mit Schotter, Granit und Kies
sind für das Insekt kein Paradies.
Selbst der fliegende Luftverkehr
macht dem Insekt das Leben schwer.
Zwischen Hochhäusern findet sich auch nicht schnell
ein angemessenes Insektenhotel.
Nicht mal auf dem Balkon den Zwetschgenkuchen
will so ein Insekt noch einmal versuchen.
Kein Tier tanzt dir, summ summ, brumm brumm,
auf deiner Menschennase herum.
Die Leute müssen sich nun wohl bequemen,
Bestäubung mit Pinseln selbst vorzunehmen.
Und die Insektenfresser, fast hätt ich´ s vergessen,
müssen nun halt jetzt was anderes fressen.
Das Insekt, verachtet und verhasst,
hat sich eben nicht angepasst!
Ach Gott, was wird meine Liste lang,
allmählich wird mir um das Insekt doch bang.
Es dämmert mir langsam, und mir wird klar,
das Insekt ist in großer Lebensgefahr.
Und also zitiere ich Einstein hier:
Erst stirbt das Insekt. Dann sterben wir.
Gisela Munz-Schmidt
Lass deine Tränen trocknen von der Sonne und deine trüben Gedanken fortwehen vom Wind. Und dann breite weit deine Arme aus als wären sie Flügel und hebe dich über den Schmerz.
Es schießt eine Kraft ein über die Berge und jagt die Wolken über den Horizont wie zitternde Schafe.
Belle ich mit oder werd ich getrieben? Etwas brüllt laut in mir auf, während ein anderes flieht.
Gisela Munz-Schmidt
Fernweh
Mit den Wolkenschwestern ziehen können, wilde Nomadinnen der Luft. Den Wechsel uns anverwandeln. Statt gehen, tun und ruhen schweben und wirken und handeln.
Gisela Munz- Schmidt
Stille
Ich lege mich mit dem Wind schlafen, in ein Schiff. Es ist ganz leer. Ruhig im Hafen. Uns, die wir erst uns trafen, gibt es nun beide nicht mehr.
Der Alpenrhein mündet am Rheinbrech in den Bodensee, sinkt in die Tiefe und durchfließt den Bodensee ungefähr 48 km lang bis zu seinem Austritt bei Konstanz; ab da wird er Seerhein genannt.
Ein Faszinosum!
Die Lyrik lebt von Bildern, Metaphern, Symbolen…Also:
See und Rhein
Und es zieht dieser Rhein in diesen See so wie ein Liebender in eine Seele.
Er geht hinein, und da ist weder Wand noch Wehre, er gibt sich ganz und bleibt mit weichen Wasserrändern er selbst, als wüsste er so jung um seinen langen Weg.
Der Rhein, der See, sie teilen für eine Zeit ihr Sein. Verbunden und allein durchfließt den See der Rhein und lässt ihn dann zurück:
Zum Strom geworden, den es weiter drängt, der seinen Austritt will und sich durch Hindernisse zwängt, der sammelt und bewundert wird, und doch verwundet sucht im Meer, was er verloren.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Wege zum See Verlag Stadler Konstanz
Konstanz am Rheintor
Ganz ist die Stadt und ist eine Brücke. Die Stücke fügen sich, nur ein paar Schritte herüber, hinüber an See und an Rhein, so nimmt sie dich ein und in ihre Mitte.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Wege zum See Verlag Stadler Konstanz
Constance
A city of vision, a bridge of transition combining novelty and tradition
offering spaces granting places showing graces
and horizons narrow and wide. The Lake and the Rhine flowing at its side.
Gisela Munz-Schmidt From: My Way along Lake Constance Verlag Stadler Konstanz
Konstanzer Sagen
Ein schreckliches und schauriges SAGENGEDICHT über Konstanz:
In Konstanz ist gut stehlen
Ein Irrtum, ein Justizirrtum gar, fand in Konstanz statt, genau im Jahr 1450 zur Winterszeit. Es hatte viel und mächtig geschneit, und ein Krämer aus dem welschen Land, der den Weg von Meersburg nach Konstanz fand, wurde bei Staad, wo sich‘s zugetragen, von einem Landstreicher brutal erschlagen - aus Habgier, mit Absicht und böser Tücke, aus dem Hinterhalt unter einer Brücke. Damit der Mord nicht würde entdeckt, hat der Mörder den Leichnam sorgsam versteckt, zog dann seine Schuhe umgekehrt an und ging auf ein Haus zu, in dem ein Mann, ein Witwer, mit seinen Söhnen lebte. Eine Falschspur zu legen der Täter erstrebte. Darauf schlug sich der Mörder mit seinem Raub in die Büsche und machte sich aus dem Staub.
Am nächsten Tag erschallte die Kunde von dem Erschlagenen, zur gleichen Stunde erhob Anklage der Konstanzer Rat gegen Vater und Söhne wegen Mordestat, denn zu ihnen führte eindeutig die Spur, sie wurden gefangen, trotz Unschuldsschwur. Und da die Drei den Mord nicht gestanden, die Knechte sie auf die Folter banden, und nach schmerzlichsten Qualen, unsäglich langen, schrien die Söhne, sie hätten die Tat begangen. Der Scharfrichter ließ sie rädern, jedoch ihr Vater lebte immer noch im Gefängnis mit seinen Folterwunden - trotz seiner Unschuld verletzt und geschunden.
So verging eine Zeit, bis ein Bote kam aus Verona mit Briefen, die ein Richter nahm, darin war die grausame Wahrheit zu lesen: Ein Anderer war der Mörder gewesen, der habe vor seiner Erhängung bekannt, die Stadt und die Stelle genau benannt, wie er damals kalt und ungerührt, andere in Verderben und Irrtum geführt.
Da gingen Schrecken und Reue um, der Rat bat den armen Vater darum um Verzeihung und bot dem alten Mann als Schmerzensgeld zehntausend Gulden an, doch der Alte wollte das Geld nicht haben und zog bettelnd durch Konstanz um milde Gaben.
Die reuigen Richter ordneten an, dass fürderhin ein jeder Mann, der den Tod durch das Rad verdienet hätte, nur den Strang erhalten täte. Und jeder, der am Galgen sollt hangen, den Tod durch das Schwert nur sollte erlangen, und jeder, der durch´s Schwert sollte gehen, bräuchte nun bloß am Pranger stehen.
Daher war bei den Gaunern und Dieben das folgende Wort noch lange geblieben: „In Konstanz ist gut hehlen und stehlen, denn weil den Rat Gewissensbisse drängen, braucht in Konstanz ein Dieb nicht hängen!“
Gisela Munz-Schmidt
Nach Bernhard Möking, Sagen und Schwänke vom Bodensee, Konstanz, 1981
Ein weiteres SAGENGEDICHT, in dem der Rat Vorbildliches geleistet hat:
Die Sage von Wendelgard von Halten
Wendelgard von Halten
Die Haltnau-Sage erzählt uns genau
die Geschichte einer besonderen Frau.
Schlechtes und Gutes, Fluch und Segen
tat das Schicksal ihr in die Wiege legen.
Doch was es ihr auch hat gebracht,
sie hat das Beste daraus gemacht.
Erbin war sie von großem Besitz
direkt am See - und Mutterwitz
und ein klarer Verstand,
eine liebe Art, eine offene Hand,
das alles sprach man gern ihr zu.
Aber anderes ließ ihr keine Ruh:
Sie trug einen Höcker auf dem Rücken,
konnte schlecht gehen und kaum sich bücken,
war überdies auch im Gesicht
wahrhaftig eine Schönheit nicht.
Sie hatte ein Schnäuzlein wie das eines Schweines,
ein Rüsselchen eben, wenn auch ein kleines.
Je älter sie wurde, je mehr offenbar
warn die Mängel, und sie ihrer gewahr.
Es ließ auch das Höhnen und Spotten nicht nach.
So seufzte sie häufig:“O weh und o ach!“
und weinte in ihr Schüsselchen:
„Keiner gibt mir ein Küsselchen!“
Oft hat sie darüber nachgedacht,
die Tränen getrocknet: „Es wär doch gelacht,
wenn alles, selbst wenn ich mich schäme,
nicht doch ein glückliches Ende nähme!
Schließlich hinterlasse ich, wenn ich sterbe,
ein beachtlich großes Erbe!“
Also schritt sie energisch zur Tat
und ließ kommen den Meersburger Rat,
dem sie die Sache zur Sprache brachte
und ausgeklügelt den Vorschlag machte:
Bis an ihr seliges Ende sollte
einer der Räte, so wie sie es wollte,
jeden Sonntag, nach dem Morgenkuchen,
zur Gesellschaft sie besuchen,
sie würden ausfahren und dinieren,
ubd danach noch gut soupieren,
und zum Abschied gäb‘s als Dank ein Küsselchen
auf das Wendelgardsche Rüsselchen.
So hätte sie wenigstens wöchentlich eben
eine schöne Freude und etwas vom Leben.
Und wenn ihr Gott dann die Lider schließe
erbe Meersburg alles, Weinberg und Wiese.
Aber der Rat tat sich gerieren,
die Räte sich genieren und zieren,
und sie gaben hochnäsig abschlägig Bescheid
und sagten nicht einmal: „Es tut uns leid.“
Jungfer Wendelgard ließ sich‘s nicht verdrießen
und kam zu folgendem Beschließen:
Wenn der Nachbar gar nicht will zur Linken,
werde ich über den Bodensee winken,
vielleicht geht Konstanz den Handel ein
und will der Haltnau Besitzer sein?
Sie trug ihr Erbe Konstanz an,
und die Räte, Mann um Mann,
kamen , ohne zu murren oder zu fluchen,
tapfer zum sonntäglichen Besuchen.
Sie standen pflichtschuldig durch das Programm,
und als dieses jeweils zu Ende kam,
gab‘s noch zum Schluss auf‘s Rüsselchen
ein beherztes Küsselchen.
So ging es Woche um Woche, Jahr um Jahr,
und als Wendelgard betagt gestorben war,
fielen Wiese und Weinberg und Ross und Kuh,
fiel alles den wackeren Konstanzern zu.
Konstanz hat Mitleid und Weitblick bewiesen,
und wir können die Haltnau noch heute genießen.
Gisela Munz-Schmidt
Quellen: Gedenktafel am Weingut Haltnau und Theodor Lachmann, Sagen und Bräuche am Überlinger See, Weißenhorn, 1972
Imperia
Imperia
Auf Kreta bändigt die Göttin Schlangen, in Konstanz die Kurtisane Kaiser und Papst.
Lass uns das herunterbrechen: Alle: Anspruch und Wirklichkeit. Eltern: Kinder und Alltag. Ich: Phantasie und Alterung. Und du? Hauptsache: Alles im Griff.
Die folgenden Fotos zeigen Aquarelle von Sibylle Buderath mit meinen Gedichten. Irgendwann habe ich dieses kleine Heft zusammengestellt und jetzt wiedergefunden. Die Aquarelle zeigen in Wirklichkeit zartere feinere Farben. Trotzdem glaube ich , dass der Charme sich mitteilt.
1997 erschien unser gemeinsames Rosenbuch. Es wurde großartig im Schloss Salem getauft. Leider ist es inzwischen vergriffen, im Onlinehandel oder antiquarisch aber noch manchmal erhältlich. Ich habe ja schon erzählt, wie wir, Sibylle und ich, auf der Insel Mainau Inspirationen und herrliche Anschauungsschönheiten suchten und fanden, in allen Stadien ihres Blumenlebens.
Auf Seite 20 steht im Rosenbuch ein Gedicht, das heute eine besondere Bedeutung gewinnt. Es basiert auf wirklichen Gesprächen mit einer Kollegin und einem Kollegen des Gymnasiums Sandhausen, mit denen ich befreundet war.
.
Frieden
Als vor Jahren ein guter Freund den Garten neu anlegte und mich fragte, welche Blume er denn solle pflanzen, und schwer mir war die Wahl, da fiel mir ein, dass einmal eine Frau erzählte, wie sie des Nachts bei klarem Himmel unzählige Sterne sah auf einem Hügel liegend und unter ihr die Stadt der Städte, die in sich birgt und trägt und hält die Heiligtümer unserer Welt, da wusst ich: Eine Rose.
Sie heißt Shalom, ist rot und schön, und hat den Namen, der uns Menschen fehlt.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Rosen am Weg
Auch Zuneigung drückt die Rose aus:
Botschaft
Die Rose offenbart, was ich dir sagen will. Was ich mit Worten hilflos such, spricht sie vollendet aus und still.
Gisela Munz-Schmidt Aus: Rosen am Weg
Überhaupt bewirken die Rosen Gefühle:
Rosen bauen Brücken, trocknen Tränen, bitten um Verzeihung,
sie lächeln und lachen
für dich.
Natürlich können sie auch überraschen, schmeicheln, erweichen, verführen, bezaubern, rühren…
Wie Erdenstoff vergeht. Wie Blätter, gestern rot, sich heute dunkel färben. Wie weh das tut. Das Zusehn und das Welken und das Sterben.
Aus Eisen wird Rost. Das Aus steht ein. Aus Ja wird Nein. Kein Trost.
Gisela Munz-Schmidt
Aus: Blumen am Weg Verlag Stadler, Konstanz
Vom Vergehen
Alles zerfällt. Ins Grab geht alles Leben hinab.
Ein Fels wird zu Stein, ein Stein zu Sand, gefallen, geworfen, gespült bis zum Strand als kleines letztes Korn allein. Gestalt und Größe und Zusammenhalt verlorn. Die Zeit hat Gewalt.
Ein Blatt wird Laub, warm wird kalt, ein Du, ein Ich wird Staub.
Sie war aus Marmor und war fein und zart und hielt die Hand aus, und da stieß er nieder, aus Rot und Gold ein stiebendes Gefieder und saß vollendet wie ein freier fester Traum.
So war es immer wieder. Er flog die Kreise am Tag im wilden Raum nach Falkenvogelweise und kam in selber Art auf ihre Hand zurück und schüttelte den Regen aus den Federn, den Staub, das Laub, den Abendtau.
Man sagt, des Nachts, ich weiß es nicht genau, wurd aus dem Falk ein Mann und aus dem stolzen Marmorbilde schälte sich die warme Frau. Ihr Name oder seiner war Glück.
Mehr weiß ich nicht, es ist schon lange her. Ich weiß gewiss nicht mehr.
Sonnengoldene Narzissen,
wie sie es wissen,
wann die rechte Zeit ist,
denn alles im Leben hat seine Zeit,
sagt der Prediger Salomo,
und jede Narzisse weiß es auch.
Und ich
muss es
Tag für Tag
lernen.
Gisela Munz-Schmidt