Lyrik vom Bodensee

Autor: Gisela Munz-Schmidt (Seite 5 von 9)

🥨 Ein Bäcker aus Bad Urach erfand die Brezel

Hierzulande begleiten die Brezeln ein Leben.
Sie werden schon kleinen Kindern gegeben,
spätestens dann, wenn sie greinen und zahnen.
Man gibt sie später noch zahnlosen Ahnen.
Dazwischen zu jeder Gelegenheit,
zur Morgen- und zur Abendzeit.
Die Brezel ist von früh bis spät
eine köstliche Spezialität!
Gebuttert oder ungebuttert,
ein jeder gerne die Brezel futtert,
zu Milch, zu Most und zum Kaffee,
zu Wein, zu Sekt, zu Saft und Tee,
und manche sind so auf die Brezeln versessen,
dass sie sogar Weißwürste mit Brezeln essen!
Rösch, braun und salzig über der Lauge,
zu jedem Imbiss die Brezel tauge,
bei der sich das Weiche mit dem Harten
auf wirklich gelungene Weise paarten.

Kulturelles Urgestein?
Nein und nein und nochmals nein!
Die Brezel, die wir uns lassen munden,
wurde in hoher Not erfunden.

In Bad Urach lebte ein Bäckersmann,
der eine Untat hatte getan.
Man hatte ihn bekommen zu fassen,
und er sollte nun sein Leben lassen.
Doch weil´s einen Unbescholtenen traf,
hatte Mitleid der Richter, ein alter Graf,
und sprach zu ihm: “Du kannst noch hoffen,
ich lasse dir einen Ausweg offen,
entweder bist du morgen tot,
oder du bäckst mir noch heute ein Brot,
durch das die Sonne dreimal scheint,
dann bist du frei mit den Deinen vereint.“

Der Bäcker, der seinen Frevel bereute,
ging schnell ans Werk, keine Mühe er scheute,
aber es wollte ihm nicht gelingen,
ein solches Kunstwerk fertig zu bringen.
Da nahm er vom Brotteig ein kleineres Stück,
rollte den Teig hin und wieder zurück
mit bebendem Herzen und angst und bange
dachte er an den Teufel, die Schlange,
die ihn vom Galgenseil würde trennen
und ließe ihn in der Hölle brennen.
Da erschrak er bis in sein Inneres hinein,
schlug die Enden im Zeichen des Kreuzes ein,
während er an die Erlösung dachte.
Ein kleines Wunder war, was er da machte!
Er buk´s, und als er´s hob, siehe da!
Die Sonne er dreifach scheinen sah.

Da war auch für den Grafen klar,
dass der Bäcker dadurch gerettet war.

So wurde in todesschweren Stunden
in Bad Urach die erste Brezel erfunden.

Gisela Munz-Schmidt

Nach Ines Heim, Sagen von der Schwäbischen Alb,
Karlsruhe, 1992

Anmerkung:

Bad Urach die Ehre, so ist´ s guter Brauch,

doch anderswo schmecken Brezeln auch!

Der Bäcker Mayer, Seestraße 8,

hat schon immer die besten Brezeln gemacht!

Gedichte vom Bodensee: SOMMER am BODENSEE

Summer

Summer sets sail,
sun and sunshine prevail.
Harbour good-bye,
gold ‘s in the sky.
Breezes blow well,
spinnakers swell -
every wind‘s friend am I.

Gisela Munz-Schmidt
From: My Way along Lake Constance
Sibylle Buderath Abendstimmung mit Booten vor der Insel Reichenau
Aquarell 2020
Föhnstimmung

In der Silberschmiede
des Windes
schmilzt der See
und glänzt sich aus.
Da glänze ich wortlos 
mich ein.

Gisela Munz-Schmidt 
Aus: Wege zum See
Foehn Mood

This is what happens many a day.
At a sudden it's warm
in a very strange way.
The air is clear.
The mountains seem near.
The lake shines like a melting pot.
Glittering shivering  burning hot.

A prince and a princess.
An access. An excess.
From long ago and recently told.
Love is madness.
A fancy. A frenzy.
Water is silver and gold.

Gisela Munz-Schmidt
From: My Way along Lake Constance

Delfine

Zeichnung: Marlene Thomsen

Delfine

Glänzend begleiten
die hellen Gesellen
das Schiff. Sie schnellen
heiter spielend über die Wellen,
lächelnd und arglos
im Wasser und Raum.

Wir lieben sie wie kleine Kinder.
Sie leben unseren Traum.

Gisela Munz-Schmidt
Aus: Kleine Gedichte -  Große Gefühle
Zeichnung: Marlene Thomsen, Detail

Katzen

Unsere unvergessene Tinka, die 21 Jahre lang zur Familie gehörte
Auf diesem Lesezeichen fehlt eine wichtige Zeile: 
„Ein Mensch, der sein Herz an Tiere hängt.“
......

Ich sah dich traurig und allein
an deiner Ecke stehen.
Nach beiden Seiten konntest du noch gehen.
Da bat ich dich.
Und lockte dich mit einem Schälchen Milch.
Da strichst du mir ums Bein
und sahst mich an mit großen Augen,
die in der Nacht viel besser sehen.
Du brauchst mich für den Tag.
Ich brauch dich für die Nacht.
Da liegst du dann, nachdem du weit und fremd gezogen,
in meiner Beine Beuge. Dein Bild in meinem Herz.

Gisela Munz- Schmidt

Aus: Gedichte gegen Gewalt
Marita Hornberger Metamorphosen II 2007, Acryl auf Maltuch
Unsere Katze

Elegant und biegsam.
Schön und schmiegsam.
Sanfte Augen, Seidenfell.
Zärtlich, schmeichelnd, schnell.
Und ich tappe in die Kindchenschemafalle.
Spitze Zähne, scharfe Kralle.
Ein kleines Raubtier wohnt in unserem Haus.
Aus
die Maus.

Gisela Munz-Schmidt 


Kein Leben ohne Katzentier

Baum hinauf und
Baum hinunter,
manchmal schläfrig,
meistens munter,
mal ist er lieb,
mal ist er wild
und häufig führt er was im Schild,
mal ein Raubtier,
mal lammfromm:
Kater Tom.

Gisela Munz-Schmidt




Foto: Marita Hornberger Kater Tommy

Die Sonne geht nicht unter

Die Sonne

Ein großer Feuerball
im kalten All,
das Leitgestirn, die Sonne.
Brand, Hitze, Feuersbrunst,
doch Leben auch und Wonne.
Nur durch den Sonnenstern
wächst jeder Samen, jeder Keim und jeder Kern.

Ich bin mitnichten
der erste Mensch, der sie verehrt
und bittet um die Gunst,
dass sie uns scheint 
und wiederkehrt.
Überall gibt es Geschichten und Sagen.
Die Göttin! Ein Gott in einer Barke oder einem Wagen, 
der in einem hohen Bogen,
von Pferden oder Drachen fortgezogen,
über unseren Himmel fährt.
Aufgestiegen, hinabgesunken,
in warmen Strahlen und glühenden, glänzenden Funken.

Und auch in mir
ist das Sonnengeflecht
und in dir...

Gisela Munz- Schmidt

Die Farbe Weiß

Nymphea alba in unserem kleinen Gartenteich

Wie das Wasser weich ist und wie wichtig.

Und wie schön die Rose darin liegt:

Weiß und rein und mondgesichtig.

GISELA Munz-Schmidt
Aus: Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
Russische Übersetzung Vahan Alaverdian
Umschlagausschnitt 2003
Meine Intention war, Sprachen wie Farben auffächern zu lassen. Gerne hätte ich andere Sprachen hinzugefügt, Französisch, Italienisch, Niederländisch oder andere…
Durch das Flugzeugunglück 2002 kannte ich Herrn Alaverdian, der meine Texte dann dankenswerterweise ins Russische übersetzte. So stehen die drei Sprachen gleichsam stellvertretend .
Vielleicht gibt es irgendwann einmal einen Kommentar oder eine Übersetzung in einer anderen Sprache?
Rose Schneeflocke in unserem Garten
Eine Rosenblüte

Sie rührt mich und macht mich betroffen:
So zart. So weiß. So offen.
Liebte ich nicht so wie sie?
Glich ich nicht auch einem Kind?
Erinnerung wiegt sich im Wind.
Wehmut vermischt sich mit Hoffen.

Gisela Munz- Schmidt
Weich und Weiß

Ich streichle weißen Sand
wie weiche Haut.

Es streichelt weicher Wind
die weiße Wolke.

Die Wellen streicheln sanft 
das Land.

Das Land hält still
wie eine weiche weiße Hand

und wie die Wolke.

Gisela Munz-Schmidt
Weiße Orchideen
Foto: Dr. Werner Schmidt

Weiße Orchidee

Rispen
sich entfaltender Blüten,
so wie jeder Tag
entsteht aus der Nacht...

Gisela Munz-Schmidt 


Weiher und Schwan

Am Morgen liegt der Weiher

im Walde wach

und hängt dem Weinen und dem Greinen

der sieben Winde nach.

Es putzen sich die Enten,

Fasane stehn am Teich,

vom Walde schreit ein Käuzchen,

dem Weiher scheint es gleich.

Er wartet auf den Schwan.

Der Schwan ist sein Geselle.

Sein aufgeblähter Flügelrand

ist fein und weich und weiß

wie auch des Weihers Welle.

GISELA Munz-Schmidt

Weiß. Kristall. Eis.

Teil meiner Sammlung auf der Fensterbank

Warum habe ich denn eigentlich keine Kristallkugel ?

Gar nicht neugierig, was die Zukunft so bringen könnte?

Ob Plan A sich verwirklicht, Plan B gebraucht oder Planlosigkeit nötig wird?

Vielleicht habe ich einfach Vertrauen.

Ein Tag lehrt den anderen.

Dies diem docet.

Notfalls habe ich natürlich meine kleine Meditationskugel…

Oder einen Stern…

Die Farbe Orange

Sommer, Sonne, Glut.

Werdegang

Durchs Feuer gehen.

In Flammen untergehen.

Lodernd vergehen.

Der Asche entgehen.

Wie Phönix auferstehen.

Gisela Munz-Schmidt

Foto: Dr. Werner Schmidt

Gefahr und Wohltat und Nutzen

Ja nicht so nahe ans Feuer, es ist heiß, du könntest dich verbrennen.

Rück an den Ofen und wärme dich, das wird dir gut tun.

Mach den Herd an, ich will eine Suppe kochen.

Feuer ist wie Wasser ist wie Liebe

Gisela Munz-Schmidt

Rose Westzeit in unserem Garten
Rose Westzeit mit griechischen Aprikosen
Aus: Gisela Munz-Schmidt Schöner Fächer Regenbogen
Gedichte über Farben
Übersetzung ins Russische: Vahan Alaverdian

Klänge

Horst Müller
Vehement
Öl
Klänge

Vor dem Wort war der Klang,
war der Urlaut, Wohllaut, war Gesang,
war das Schwirren, Surren, Sirren und das Klirren,
war das Summen, Knarren, Knarzen und das Brummen,
war das Schnarren, Rauschen, Raunen und das Murmeln,
war das Dröhnen und das Stöhnen und das Brausen,
war das Weinen und das Heulen und das Greinen,
war das Juchzen und das Schluchzen,
war das Fiepsen und das Piepsen,
war das Knistern und das Zischen,
war der Rhythmus und die Stimme und der Takt,
war der Schlag, der treibt und packt,
war das Klagen einer Flöte, war das Rufen eines Hornes,
war das Cymbal, war der Schall.

War das Wispern, Lispeln, Flüstern,
war das Stampfen, Pfeifen und das Klopfen,
war das Pochen und das Wirbeln,
war das Zupfen und das Streichen,
war das Quietschen und das Wimmern und das Rasseln,
war das Grölen und das Nölen,
war das Säuseln und das Prasseln,
war das Schnurren und das Knurren,
war das Trillern und das Tirilieren,
war der Knall, der Schall, der Prall,
war das Rütteln und das Stoßen,
war das Schütteln und das Hämmern,
war das Gurren, Gellen, Jammern und das Jaulen,
war der erste Schrei:

Und nichts ist vorbei.
Wir erinnern's noch,
in unseren Knochen und in unseren Poren,
wissen alles,
nichts ging unterwegs verloren,
und wir spüren's in den Adern und in den Membranen,
da tönt uns noch die Trommel unserer Ahnen,
und wir fühlen es tief unter unserer Haut -
Klänge sind uns urvertraut.

Gisela Munz-Schmidt






Presse ( Auswahl)

Ausführlicher Bericht von Erich Schütz im Magazin Der Linzgauer ( Bodensee- Linzgau Tourismus)

Der Linzgauer 2. Ausgabe Erich Schütz
Der Linzgauer 2. Ausgabe Erich Schütz
Der Linzgauer 2. Ausgabe Erich Schütz
Der Linzgauer 2. Ausgabe Erich Schütz

Ehrenamtliches Engagement für die Rathausgalerie Owingen

Aus: Jahresbericht 2016 Gemeinde Owingen
Aus : Jahresbericht Gemeinde Owingen

Buchvorstellung “Gedichte gegen Gewalt“ mit Bildern von Horst Müller:

Südkurier 22.12.2016

Eine Lesung über Sagengedichte:

Südkurier 25.10.2011

Lyrikweg Owingen:

Südkurier vom 4. 11.2005

Eine Lesung zum Thema Wege zum Wasser:

Südkurier 8.7.2004

Texte anlässlich des Flugzeugunglücks vom 1.Juli 2002 über Owingen und Überlingen

Südkurier 27.Juli 2002

Eine Buchvorstellung: My Way along Lake Constance

Südkurier vom 18.12.2001
Schwäbische Zeitung 31. 10. 2002

Eine Übersicht über alle Lyrikbildbände mit Sibylle Buderath im Verlag Stadler:

Ein Porträt in der Heilbronner Stimme:

Heilbronner Stimme
« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »