Marita Hornberger
Am Wasser II 2007
Acryl auf Maltuch
Wasser

Mach mich doch nass -
es sprinkelt und glitzert und spritzt,
es perlt und trieft und tröpfelt,
es wellt und quillt und patscht,
es gluckst und glänzt und blubbert,
es schlabbert und schlubbert,
es quirlt und strudelt,
es sprudelt -
Wasser macht Spaß!

Gisela Munz-Schmidt
Aus: Wege zum See
Foto: Georg Schmidt
Water

It sprinkles
and splishes
and sploshes
and splashes.
It rushes
and dashes.
It hurts 
and it cools.
It is fear 
and it‘ s fun.
It fools
with the wind
and it smiles
with the sun.

Gisela Munz- Schmidt
From: My Way along Lake Constance
Foto: Georg Schmidt
Ein Kinderleben

Ein Kinderleben, ein Kinderland,
braucht Sonne und Hände, Wasser und Sand.

Hinter dem Deich und hinter dem Damm
hört die Welt auf, fängt die Welt an.

Hinter der Düne und hinter dem Deich
ist alles anders, sind alle gleich.

Bei Ebbe und Flut 
ebbt alles ab, wird alles durchflutet,
und alles ist gut.

Gisela Munz-Schmidt
The Water in the Lake

Water of constant flow.
Water from ice and from snow,
from running falls of the mountains,
water of rivers and fountains,
water from streams and from brooks and from wells,
of rain, that fell drop by drop,
water that seeps and that swells.
Vapour and condensation.
Abundance and concentration.
Eternal circle
without any stop.

Gisela Munz-Schmidt
From: My Way along Lake Constance
Mein Fluss. Der Neckar

Wie jeder seine Bahn,
wie jeder seinen Weg,
so hat auch jeder
seinen Fluss.

Mein Fluss ist schmal und breit,
fließt zügig und hat Wehre.
Mein Fluss hat Arme alt und neu,
fließt dicht und dunkel aus der Kinderzeit
und hell und klärend durch die Zeit der Lehre.
Er mündet schwer beladen.

Wenn ich ihn heute suche,
sehe ich,
wie sich die Bahnen
und die Wege ändern.
Und finde doch den alten Schimmer
und die alten Stege
an seinen goldenen grünen Rändern.

Gisela Munz-Schmidt

Am Neckar in Heilbronn
2022
Das Wasser

Es ist Stauung und Fluss.
Entzücken. Verdrießen.
Ist Stocken und Gießen.
Ist Starren und Schießen.
Ist Woge und Wiege und Welle.
Ist Quelle, Sog, Wirbel und Schnelle.
Ist Schnee auf dem Dach 
und ist Eis unterm Fuß.
Ist Qual und ist Not und ist Strafe und Muss.
Ist Kuss auf den Lippen,
Glanz, Gunst und Genuss.
Es ist Anfang und Mitte und Schluss.

Gisela Munz-Schmidt
Das Wasser

Die alte Hydra mit den vielen Köpfen
und mit keinem
taucht wieder auf.

Du schlägst. Das Wasser weicht.
Du krallst. Und hast doch leere Hände.
Du dämmst es ein. Es dringt durch alle Wände.

Du kannst‘s nicht zwingen, und du kannst es nicht zerbrechen.
Wenn du es säuerst, wird sich´s ätzend rächen
und hilft dir doch, wenn deine Kraft nicht reicht.

Gisela Munz-Schmidt

Das Wasser ist wie wir

Das Wasser ist wie wir.
In einer weichen Wolke Schoß
wird langsam reif es und bereit
und wartet eine angemessene Zeit,
dann löst‘s sich los.

Das Wasser ist wie wir.
Als kleiner Tropfen schlägt‘s ungewappnet auf.
Es trifft auf eine vorbestimmte Stelle
in einen Kreis und wird zur Welle
und unentrinnbar rinnend beginnt es seinen Lauf.

Das Wasser ist wie wir.
Es will gesellig sein,
bringt sich bewegt bewegend in das Leben ein,
treibt um und an, wirkt hin und her
im großen Strom und mündet und geht auf im Meer.

Das Wasser ist wie wir.
Den Kreislauf zu vollenden
sucht es von Wärme angezogen
den hohen Himmelsbogen.
Und Enden wird zu Wenden.

Das Wasser ist wie wir...

Gisela Munz-Schmidt



Marita Hornberger
Unterwasser V
Im Wasser

Ich liege treibend auf dem Wasser,
und es wachsen mir
Gedanken aus dem Kopf und Worte
so wie Haare.

Ich suche tastend zu ergründen,
ob das,
was wehend aus mir wächst,
ein Teil ist auch von mir,
oder ob ich,
so treibend,
ein Wesen schon geworden bin der andern Welt,
die ich nicht kenne,
ich mir selber fremd.

Ich fühle jede einzelne Wurzel aus mir wachsen
und geh mit jeder Faser auf in meinem Element
und bin mit meiner Haut und meinen Haaren
vom Wasser völlig ungetrennt wie Wasserpflanzen.
Ein abgegrenzter Teil.
Und doch ein Teil vom Ganzen.

Gisela Munz-Schmidt


Mein Element

Das wilde Wasser ist mein Element,
wenn’s hoch in tausend Tropfen schlägt,
weil es mich nimmt und es mich kennt,
weil es mich hält und weil‘s mich trägt.

Das milde Wasser ist mein Element,
wenn‘s weich mir um die Füße spielt,
wenn‘s zärtlich an die Brust mir zielt
und weil‘s, was brennt, mir kühlt.

Gisela Munz-Schmidt
Aus: Wege zum See



Foto: Dr. Werner Schmidt
Two Faces of Water

Water is mild
like bathing a child,
tender and soothing
and smoothing.

Strong and seductive,
hard and destructive
water is wild.

Gisela Munz-Schmidt
From: My Way along Lake Constance


Foto: Dr. Werner Schmidt
Dieses Meer

Dieses Meer ist mir zu groß,
wirft mich um,
treibt mich aus
blauer Lippen,
jagt mir kalte Schauer 
über und über -

diese harten Steine
brennen in meine Füße
ihre spitzen alten unmissverständlichen Zeichen:

Ich bin,
spricht die Erde,
stärker als du,
kleiner Mensch,
und das sagt sie
ohne Hohn,
einfach so,
übermächtig.

Gisela Munz-Schmidt
Farewell 

Schwimm,  Liebes, schwimm,
ich halte dich nicht mehr.
Du gehst hinunter
und du suchst das Meer,
ich werde bleiben.

Schwimm,  Liebes, schwimm.
Die Wege trennen sich.
Zwei Schiffe, die sich grüßen.
Zwei Schiffe ohne Wiedersehen,
die zu verschiedenen Häfen gehn,
die unter anderen Farben stehn
und andere Segel hissen.
Zwei Menschen, die die Winde und die Zeit
aus ihren Armen rissen.
Die auseineinandertreiben.

Und wie du bist und wie du warst
werd ich mit wunden Fingern in die Haut
von anderen Lieben schreiben.

Ich werde dich vermissen.

Gisela Munz-Schmidt

Die eine Perle

Die eine Perle

leg ich dir in deine Hand.

Ein Stück vom Meer,

ein Stück vom Land,

ein Körnchen Sand

inmitten einer großen Welt Getriebe.

Ein weicher Glanz

von Schüben, Schichten, Schalen und Erinnerungen

ganz umhüllt.

Beredt und doch verschwiegen.

Ich sah sie liegen

und ich hob sie auf.

Das Zeichen und den Zauber

der Liebe.

Gisela Munz-schmidt