Horst Müller
Vehement
Öl
Klänge

Vor dem Wort war der Klang,
war der Urlaut, Wohllaut, war Gesang,
war das Schwirren, Surren, Sirren und das Klirren,
war das Summen, Knarren, Knarzen und das Brummen,
war das Schnarren, Rauschen, Raunen und das Murmeln,
war das Dröhnen und das Stöhnen und das Brausen,
war das Weinen und das Heulen und das Greinen,
war das Juchzen und das Schluchzen,
war das Fiepsen und das Piepsen,
war das Knistern und das Zischen,
war der Rhythmus und die Stimme und der Takt,
war der Schlag, der treibt und packt,
war das Klagen einer Flöte, war das Rufen eines Hornes,
war das Cymbal, war der Schall.

War das Wispern, Lispeln, Flüstern,
war das Stampfen, Pfeifen und das Klopfen,
war das Pochen und das Wirbeln,
war das Zupfen und das Streichen,
war das Quietschen und das Wimmern und das Rasseln,
war das Grölen und das Nölen,
war das Säuseln und das Prasseln,
war das Schnurren und das Knurren,
war das Trillern und das Tirilieren,
war der Knall und der Prall,
war das Rütteln und das Stoßen,
war das Schütteln und das Hämmern,
war das Gurren, Gellen, Jammern und das Jaulen,
war der erste Schrei:

Und nichts ist vorbei.
Wir erinnern's noch,
in unseren Knochen und in unseren Poren,
wissen alles,
nichts ging unterwegs verloren,
und wir spüren's in den Adern und in den Membranen,
da tönt uns noch die Trommel unserer Ahnen,
und wir fühlen es tief unter unserer Haut -
Klänge sind uns urvertraut.

Gisela Munz-Schmidt