Lyrik vom Bodensee

Autor: Gisela Munz-Schmidt (Seite 2 von 9)

SAGEN vom BODENSEE Die treue Amme auf Bodman

Fresko von Gottlob Gutekunst, 1846
mit freundlicher Genehmigung von Wilderich Graf Bodman

Die treue Amme auf Bodman

Zu Bodman im großen Rittersaal
saßen Herren beim Rittermahl
anno 1307,
so hat es der Chronist geschrieben.
Zwar war der Hausherr gerade auf Reisen,
doch auch ohne ihn ließ es sich trefflich speisen.
Sie aßen und zechten und lachten,
nichts Böses sie ahnten, sie machten
Pläne, redeten, tranken
und breiteten aus so manchen Gedanken
und erzählten vielleicht auch so manchen Witz.
Da plötzlich! Aus düsterem Himmel ein Blitz!
Und dann ein grollender Donnerschlag,
die Nacht grell erleuchtet wie heller Tag.
Es saßen todgeweiht die Ritter
mitten in diesem Feuergewitter.
Und ach! Eine riesige lodernde Flamme!
Das sah tief erschrocken die treue Amme.
Ihr Herz, das zuckte: „Das Kind! Der Erbe!
Was kann ich tun, dass er nicht sterbe!“
Versperrt durchs Feuer waren Stiegen und Gänge,
doch unten standen die Leut im Gedränge 
und sahen entsetzt und fassungslos 
das lichterloh brennende Ritterschloss.
Da nahm die Amme ganz geschwind 
das geliebte Kind 
und packte es in Kissen ein,
legte es in einen Kessel hinein,
verschloss denselben, einen Spalt ließ sie offen
und rief hinunter, mit Bangen und Hoffen:
“Hebt auf das Kind! Nehmt in Gotts Namen an es, 
es ist der Erbe, der kleine Johannes!“
Im Gestrüpp blieb er hängen, im Kessel gebettet,
die Leute fanden ihn, das Kind war gerettet.
Der Burgherr selbst, als er kehrte zurück,
fand Unglück vor, doch fand er auch Glück,
seine Burg zwar verbrannt, doch sein Kind am Leben.
Was kann es größere Freude geben?
Alle von Bodman, die nach ihm kamen,
tragen bis heute Johannes im Namen.
So ist es geschehen, vor langer Zeit.
Die treue Amme hieß Adelheid.

Gisela Munz-Schmidt 

Nach: Theodor Lachmann, Sagen und Bräuche am Überlinger See


Wo die Burg gestanden, ließ der Burgherr Hans von Bodman eine Kapelle bauen zu Ehren „Unserer lieben Frauen“, weshalb der Berg von jetzt an Frauenberg genannt wurde.

Siehe auch die ausführliche BROSCHÜRE
Der Frauenberg
1997 Denkmalstiftung Baden- Württemberg

Sagen vom Bodensee

Das Nebelmännle von Bodman

Das Nebelmännle von Bodman

Das Trübe, Vage, Falbe, Nasse,
das Ungewisse und das Blasse,
feuchtes Wabern, hell und bleich,
das ist des Nebelmännleins Reich.
Blicklos, sichtlos, weiß wie Milch,
im Nebel herrscht der kleine Knilch.
In seinen fahlen grauen Schwaden
bewirkt das Männlein manchen Schaden,
sein Nebelstreif
erschafft den Reif
an ersten zarten Rebenblüten,
und auch die Fischer sollten sich hüten,
dass der Nebel sie nicht gänzlich verwirre
und sie führe in die Irre
und das Männlein sie in die Tiefe zieht,
wie das so manches Mal geschieht.

Doch einem Herrn von Bodman verhalf es zum Glück.
Blicken wir in das Vergangene zurück:
Der Ritter, bevor er verließ sein Haus,
tauschte liebend zwei goldene Ringe aus,
wenn nach sieben Jahren er nicht wiederkäme,
seine Liebste einen anderen zum Manne nähme.
Er ritt in die Ferne, sah Länder weit,
sah Berge und Meere, so verging die Zeit.
Da lockte ihn auf einen Hügel ein Licht.
Ein kleines Männlein zu ihm spricht.
Es wollte ihm ein Versprechen entlocken.
Ihn störten so sehr die Nebelglocken!
Wenn der Ritter das Läuten unterbinde,
er seine Braut gleich wiederfinde.
Schneller als Wind und alle Pfeile,
wie des Menschen Gedanken so schnell er eile
nach Bodman. Als dann die Braut ihrem Glas einen Ring entnahm,
erkannte sie ihren Bräutigam.
So drang der Liebe Sonnenschein
in den dichten Nebel ein.
Und versprochen! Wahrhaftig bis heute
schweigt der Nebelglocken Geläute.

Gisela Munz-Schmidt

Nach: Theodor Lachmann, Sagen und Bräuche am Überlinger See

SAGEN und SAGENGEDICHTE Hohenbodman Die Sage vom Goldenen Kegelspiel

Aus: Rudolf Koch, Der Linzgauleuchtturm Hohenbodman, Münster 2019, S.26

Heute möchte ich es mit einer Sage ganz genau nehmen und den Unterschied zwischen Vorlage, Ausarbeitung und Deutung aufzeigen.

  1. Die Vorlage
  2. Meine Gestaltung als Ballade
  3. Meine Deutung

Die Vorlage, meine Quelle, steht unter dem Titel „ Das Ritterfräulein von Hohenbodman“ in der Sammlung des Überlinger Arztes und Museumsgründers Theodor Lachmann unter der Rubrik „Owingen mit Bambergen und Hohenbodman“ als Nr. 91 auf Seite 113 in der Ausgabe von 1972.

….Früher, namentlich um die Fastenzeit, sah man manchmal eine Frauengestalt im weißen Gewand um den Turm spazieren gehen. Auch will man dort einen feurigen Mann oder auch ein Licht wahrgenommen haben, die aber verschwanden, wenn man auf sie zuging. Der Sage nach hatte dereinst ein Ritterfräulein von Hohenbodman eine Liebschaft mit einem Burschen der Gegend, der weit unter ihrem Stand war. Bei einem Stelldichein mit ihrem Geliebten wurde sie von ihren Brüdern getroffen und von ihnen auf der Stelle ermordet. Unter dem Turm soll sich ein Keller mit Schätzen befinden, unter ihnen ein goldenes Kegelspiel. Aber niemand kann es finden….

Meine Gestaltung:

Gisela Munz- Schmidt, Sagenhaftes Überlingen Owingen Salem Heiligenberg ,Gedichte um alte Sagen, Owingen 1990

Meine Deutung

Mein zentrales Motiv war die Liebschaft des Fräuleins und des Burschen. Ich habe mir ausgemalt, wie es dazu kommen konnte, und eine Notsituation erfunden, die einen hohen emotionalen Druck erzeugte. Der Bursche hatte Todesangst vor den Wölfen, die hier als fürchterliche Bedrohung eingesetzt sind. ( Das hat mit meiner persönlichen Meinung zu wirklichen Wölfen nichts zu tun! ) Auch das Fräulein hatte Angst, und es war ihr unheimlich – wilde Wölfe, Mondnacht, klirrende Kälte – das alles wühlte sie auf.
Die Liebesgeschichte reduziert sich auf die Frage: Kannst du mir Zuflucht geben? Und die Antwort durch eine Handlung : sie…ließ den Burschen ein.
Durch eine Sondersituation waren die Standesunterschiede aufgehoben, zwei Menschen begegneten einander, die dieselben Gefühle verband. Ich fand es schön, dass sich die symbolhafte Wolfshorde in ein goldenes Kegelspiel verwandelte. Das Triebhafte, Angstbesetzte wurde zivilisiert und veredelt, ich glaube, durch die Liebe.
Die Strafe der Brüder habe ich weggelassen, weil ich den von mir gewählten Kern der Geschichte nicht zerstören wollte. Den Brüdern waren andere Werte wichtig, und durch den Mord, hier ein Ehrenmord, gab es die sogenannten Unerlösten, die Wiedergänger und Untoten, die als Lichterscheinungen oder Feuergestalten umhergehen und spuken müssen. Das wäre ein anderes Sagenmotiv, das häufig in verschiedenen Gegenden vorkommt. Ich aber wollte die schicksalhafte phantasierte Begegnung des Liebespaares einfach so folgenlos stehen lassen.
Ich bin nicht oft so weit über eine Vorlage hinausgegangen. Darf ich das? Aber natürlich! Dazu berechtigt mich meine Licentia poetica, meine dichterische Freiheit.

Inzwischen habe ich eine andere Interpretation geschrieben:

Das Ritterfräulein von Hohenbodman

Um den Turm herum eine weiße Gestalt,
ein Ritterfräulein, die Sage ist alt,
erlag dereinst der Liebe Gewalt.
Ihren Liebsten sie fand
unter ihrem Stand.
Die Liebschaft jedoch war von kurzer Dauer,
ihre Brüder legten sich auf die Lauer
und ermordeten grausam sie und ihn.
Unerlöst sieht man nachts um die Burg sie ziehn.

Gisela Munz-Schmidt 

Wilderich Graf Bodman : „ Diese Sage entbehrt jedenfalls einer nur annähernden historischen Bestätigung.“

Vergleiche dazu die Sage von Albero von Bodman und den von Graf Bodman erläuterten historischen Hintergrund.

Zum Totensonntag

Es wurde nicht nur ein Friedhof geschändet.
Was dann?
Der Glaube.
Und sie zerstörten nicht nur Kreuze.
Was sonst?
Hoffnung.
Und es wurden nicht nur Steine beschmiert.
Was noch?
Wiedergutmachungsversuche.
Und es wurden nicht nur die Toten beleidigt.
Wer denn?
Ihre Angehörigen,
ihre Freunde,
die Erbauer der Gräber,
ihre Nachbarn
und überhaupt…

Wer überhaupt?

Du.
Ich.

Gisela Munz-Schmidt
Aus: Gedichte gegen Gewalt
mit Bildern von Horst Müller



 

Weitere Auszüge aus „Gedichte gegen Gewalt“ finden sich unter der Rubrik Themen .

Sagen vom Bodensee: Albero von Bodman

Albero von Bodman

Der mittelalterliche Ritter Albero von Bodman war in einem Kreuzzug in türkische Gefangenschaft geraten. Da er seinem christlichen Glauben nicht abschwören wollte, wurde er jahrelang festgehalten. Er sehnte sich nach seiner Heimat Hohenbodman.

Sehnsucht nach Heimat,

was bedeutet das?

Sehnsucht nach Kindheit, Geborgenheit,

nach Unbefangenheit,

nach Spielen im Wald, im Feld, im Gras,

nach Singen und Lachen und Stromern und Schweifen,

mit Hunden und Pferden die Gegend durchstreifen,

Sehnsucht nach Freude und Spaß.

Nach Verstecken

und Entdecken.

Nach Springen und Ringen und Toben,

nach Kräfteerproben!

Und nicht zu vergessen:

Nach Lieblingsessen!

Nach dem Duft der Kindheit und nach Gerüchen

in Stuben und Ställen und Kellern und Küchen.

Nach vertrauten Lauten, geteilten Geheimnissen,

nach Lernen, Erfahren und Hören und Wissen.

Sehnsucht nach Freunden und Kameraden,

nach Mutter und Vater und allen Lieben,

der ersten, der letzten, der großen,

nach Umarmungen, nach Küssen und Schmusen und Kosen…

Wie durch ein Wunder, mit göttlicher Hilfe, konnte er heimkommen.

Als Dank hat er die Kapelle Maria im Stein gestiftet, weil er da seine Burg zum ersten Mal wiedersah.

1217 starb er in seiner geliebten Heimat.

Hier können wir seiner Sehnsucht nachspüren.

Gisela Munz-Schmidt

Wilderich Graf Bodman schrieb mir auf meine Nachfrage:

„Leider haben wir keine Unterlagen über diesen Namensträger, der der Überlieferung nach die Kapelle Maria im Stein gestiftet hat. In unserer Stammtafel wird ein Albero de Podeme genannt, der 1213 auf einer Urkunde des Stauferkönigs Friedrich II. als Zeuge aufgeführt ist. Sein Sohn, der angeblich 1217(?) verstorbene Albero de Bodemin, hat nach einer Salemer Urkunde 1217 dem Kloster einen Weinberg bei Überlingen übergeben, weil er sich einem Kreuzzug angeschlossen hat.
Im Zusammenhang mit diesen Familienmitgliedern können Sie gerne das Stammwappen mit den drei Lindenblättern aufnehmen.“

Wappen von 1340
in Hohenbodman steht die tausendjährige Linde, daher wohl die drei Lindenblätter im Wappen derer von und zu Bodman

Quellen: Gedenktafel Maria im Stein

Broschüre Lippertsreute Maria im Stein, Regensburg 2000 S.4

Unten: Wegtafel mit Informationen zu Maria im Stein als Wallfahrtsort

.

Sonnenblumen am Weg

Fotos: Gisela Munz-Schmidt, Am Lyrikweg in Owingen, 1. November 2023

,

Sonnenblumen am Weg

Gehen,

wo die Strahlen nirgends enden.

Wie die Blüten sich zur Sonne wenden.

So wie Sonnen Licht und Wärme spenden.

In Blumen Zeichen sehen.

Gisela Munz-Schmidt Aus:Blumen am Weg, verlag Stadler Konstanz

Ein bisschen zerzaust sind sie schon, diese Sonnenblumen Anfang November, aber sie werden noch sehr gerne besucht!

Seite an Seite

Seite an Seite

mit den Blumen

mit den Tieren

mit den Menschen.

Und ich erkenne Dich an

und Du mich

und ich kenne Dich

und Du mich

und ich erkenne Dich

und Du mich

und alles wäre so einfach.

Gisela Munz-Schmidt Aus: Blumen am Weg, Verlag Stadler Konstanz

Insel Reichenau

2023 im September Sonnenaufgang und Abendstimmung

Fotos: GiselA Munz-schmidt
Eine Insel, hoch geehrt,
Augia, all ihrer Ehren wert.

Reichenau

Die ganze Insel
ein großer Garten.

Doch ich suche immer bloß
das Klostergärtle 
an der alten Mauer

mit den Minze
und der Eberraute
und der Weinraute

und der schönen gallischen Ros‘.

Gisela Munz-Schmidt

Walafrid Strabo, der seit 825 Mönch des Benediktinerklosters auf der Reichenau war, beschrieb die Rose Anno 827 so:

…Flor ihrer purpurnen Blüte,
die allen Schmuck der Gewächse
Alsbald an Kraft und Duft, wie man sagt, so weit überstrahlte,
Dass man mit Recht als die Blume der Blumen sie hält und erkläret.

Natürlich hat Walafrid lateinisch geschrieben:


Nun fehlt noch ein Bild einer gallischen Ros: Meine schöne Tuscany Superb gehört auch zur Familie!

Übrigens wird der Klostergarten für das Jubiläumsjahr 2024 neu und groß angelegt, und hoffentlich vergessen die Gartengestalter die Rose nicht!

Chat GPT – bitte übernehmen Sie!

Sonne steigt empor.
Ein neuer Tag beginnt.
Guten Morgen, Welt!

Haiku, Chat GPT


Rambler Rose Goldfinch

Das Foto habe ich aber selbst heute morgen, 17. Juni 2023, in unserem Garten gemacht.

Gisela Munz-Schmidt

Unser Sohn Georg hat Chat GPT aufgefordert, Haikus über das Thema „Gisela und ich“ zu schreiben.

Hier eine Auswahl:

Gisela und ich,
Ein harmonisches Duett,
ChatGPT als Freund.

Gisela fragt viel,
ChatGPT gibt kluge Sicht.
Gemeinsam stark.

Giselas Neugier,
Chat GPT gibt Perspektive,
Ein Erkenntnisfluss.

Giselas Fragen,
ChatGPT gibt Antworten,
Wissen wird geteilt.

Gisela und ich,
Zusammen in digitaler Welt,
ChatGPT als Begleiter.

Giselas Gedanken,
Mit ChatGPT vereint,
Weisheit entfaltet.


Na dann!!!!!!
Haikus lasse ich in Zukunft nur noch von ChatGPT entwerfen, Sonette schreibe ich noch selbst.
« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »