
Das Ritterfräulein von Hohenbodman
Um den Turm herum eine weiße Gestalt,
ein Ritterfräulein, die Sage ist alt,
erlag dereinst der Liebe Gewalt.
Ihren Liebsten sie fand
weit unter ihrem Stand.
Er hat, durch männliche Anziehungskraft,
den verbotenen Weg in ihr Herz geschafft.
Vielleicht hat er sie verehrt
und sie begehrt?
Vielleicht hat er sie gestreichelt
und ihr geschmeichelt?
Vielleicht hat er sie gerührt
und sie verführt?
Vielleicht hat er sie beschwört
und sie betört?
Jedenfalls konnte es ihm gelingen,
in ihr Innerstes vorzudringen.
Und so konnten die beiden in abgelegenen Verstecken
einander und ihre Liebe entdecken.
Diese Liebe jedoch war von kurzer Dauer,
ihre Brüder legten sich auf die Lauer
und ermordeten sie und ihn.
Unerlöst sieht man nachts um die Burg sie ziehn,
zuweilen auch einen feurigen Mann,
der noch vor Liebe brennen kann.
Gisela Munz-Schmidt
nach Theodor Lachmann
Ein anderes Gedicht von mir über diese Sage, die mich fasziniert, findet sich unter der Rubrik Sagen und Burgen, dazu auch einige interpretatorische Erläuterungen.
Warum diese Faszination?
Es ist eine Standesgeschichte.
Sie handelt von einem Ehrenmord.
Die Ermordeten sind die Wiedergänger.
Die Mörder kommen nicht weiter vor.
Die Liebenden müssen unerlöst spuken.
So viele Ungerechtigkeiten in einer einzigen Geschichte!
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